Freude, Dankbarkeit, Zufriedenheit, Interesse, Hoffnung, Stolz, Vergnügen, Inspiration, Ehrfurcht, Liebe.
Zehn positive Gefühle, die wir alle kennen. Die Frage ist nur, wie häufig erleben wir sie eigentlich? Und wie regelmäßig?
Negative Gefühle wirken stärker
Unsere psychische Ausstattung macht uns zu guten Problem-Suchern und Problem-Lösern. Das liegt daran, dass wir unangenehme Gefühle einfach schneller und stärker wahrnehmen als angenehme. "Bad is stronger than good", so bringt es die psychologische Forschung auf den Punkt.
Nehmen wir an, wir hätten zwei Gefühle exakt gleicher Stärke, einmal Freude und einmal Besorgnis. Wenn wir nun beide Gefühle auf einer Zehnerskala einschätzen, dann hätten beide die gleiche Stärke, sagen wir 4. Doch welches Gefühl wirkt stärker auf uns? Beide haben ja die Stärke 4, also sollte auch ihre Wirkung gleich sein. Nein, das ist nicht so - leider. Unser Gehirn lässt uns mit seiner "Werkseinstellung" negative Gefühle schneller wahrnehmen als positive. Und die unangenehmen Gefühle wirken auch länger nach. Das macht uns zu guten Problem-Erkennern.
Entwicklungsgeschichtlich macht das durchaus Sinn, denn wir stammen von Vorfahren ab, die das leise Rascheln im Gebüsch als einen möglichen Säbelzahntiger gefürchtet haben und schnurstracks in die Höhle geflitzt sind. Und unser vorsichtiger Vorfahr blieb dort auch lange genug - das unangenehme Gefühl der Angst wirkt nach - bis der Tiger weitergezogen war. Der andere Vorfahr, der sich stattdessen die Sonne auf den Pelz brennen ließ, lebte leider nicht lange genug, um eine große Schar an Nachkommen zu zeugen.
Positive Gefühle halten uns gesund
Positive Gefühle sind aber nicht nur angenehm, sondern sie sind gleichzeitig die Nährstoffe unseres Wohlbefindens. Um psychisch gesund zu bleiben, brauchen wir eine bestimmte "Dosis" positiver Emotionen. Und zwar am besten regelmäßig, genauso wie bei der gesunden Ernährung. Barbara Fredrickson, führende Forscherin auf dem Gebiet positive Emotionen fasst das in einem bildhaften Vergleich zusammen: Eine Portion Brokkoli pro Jahr macht uns noch nicht gesund. Gesunde Ernährung trägt nur dann zu einer stabilen Gesundheit bei, wenn sie regelmäßig stattfindet. Genauso verhält es sich auch mit positiven Emotionen. Nur das regelmäßige Erleben angenehmer Gefühle hält uns langfristig emotional gesund.
Der Effekt einer solchen regelmäßigen "Diät" bzw. Dosis positiver Emotionen: Wir bauen dadurch persönliche Speicher auf. Menschen, die regelmäßig positive Gefühle erleben entwickeln sich persönlich weiter. Sie fühlen sich gut und tun auch mehr Gutes (feel good – do good nach Barbara Fredrickson). Sie erfahren Wohlfühlglück und Werteglück. Dies wiederum führt dazu, dass sie auch künftig häufiger positive Emotionen erleben - und so entsteht ein Aufwärtskreislauf.
Bei den positiven Gefühlen kommt es weniger auf ihre absolute Stärke als vielmehr auf ihre Häufigkeit und Regelmäßigkeit an. Sie brauchen also nicht vor Freude jubeln - wenn Sie sich regelmäßig still an den kleinen Dingen im Alltag erfreuen können, tun Sie sich langfristig sogar mehr Gutes damit. Es werden nämlich dadurch Wege im Gehirn gebahnt und neue Netzwerke „verdrahtet“. Aktuelle Studien von Barbara Fredrickson weisen auf den direkten Einfluss positiver Gefühle auf Gesundheit und Lebensdauer hin.
Auch negative Emotionen haben ihren Nutzen
Stellen Sie sich ein Segelboot vor. Der Kiel, der unter der Wasserlinie liegt, stellt die negativen Gefühle dar. Die Segel sind die positiven Gefühle. Nur wenn das Boot „gut im Wasser liegt“ und einen gewissen Tiefgang hat, ist Navigieren möglich. Nur dann kann das Boot auch stärkerem Wind standhalten, ohne sofort zu kentern. Doch die beste Wasserlage bringt keine Vorwärtsbewegung, wenn die Segel nicht gesetzt sind. Erst der Wind ermöglicht Segeln, bringt Kraft und Richtung. (nach Barbara Fredrickson)
Und Sie wissen jetzt: Unser Gehirn kümmert sich ganz von alleine darum, dass wir negative Emotionen wahrnehmen. Dafür braucht es keine Nachhilfe. Um die guten Gefühle und die Freuden im ALltag wahrzunehmen, dafür kann jeder von uns Training vertragen!
Neugierig geworden? Dann lesen Sie weiter, welche Übungen Sie dabei unterstützen können, mehr positive Gefühle in Ihrem Alltag zu erleben.